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Der plötzliche Sprung der Schweizer Währung schafft Chancen für Veränderungsprojekte: Produktivitätslücken rücken schlagartig in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Veränderungsprojekte brauchen Anpassungsdruck. Wenn der Betrieb läuft, ist es schwer, Projekte zur Veränderung von Produktions- oder Entwicklungsabläufen auf die Schiene zu bringen. „Never touch a running system“ heißt die Devise. Tatsächlich ist die Wahrnehmung eines Anpassungsbedarfs zwischen „was wir tun“ und „was die Welt von uns erwartet“ ein wichtiger Schlüssel, um Menschen bei Veränderungen mitzunehmen. Wenn es gelingt, allen die Notwendigkeit erfahrbar zu machen, gehen die Leute mit. Wer will schon das eigene Überleben aufs Spiel setzen? Solange aber dieser Bedarf nicht einhellig gespürt wird, gibt es immer Gründe, Projekte auf die lange Bank zu schieben.

Kulturschock für selbstbewusste Marktführer

Von einem Qualitätsmanager in einem Schweizer Industrieunternehmen hörte ich kürzlich, wie ein unverhofft auffrischender Gegenwind des Marktes zum Rückenwind für Produktivitätsprojekte wird. Bis Anfang des Jahres fühlten sich die Manager und Mitarbeiter als Markt- und Qualitätsführer, selbstbewusst und stolz auf den Erfolg des Prinzips kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Unternehmen. Grundlegende Veränderungen? Kein Bedarf. Doch schlagartig verschlechtert sich die Wettbewerbssituation durch die Freigabe des Frankenkurses gegenüber dem Euro. Bis zum Januar dieses Jahres hielt die Nationalbank den Wechselkurs von mindestens 1,20 Franken pro Euro aufrecht – dann ließ sie diese Maxime von heute auf morgen fallen. Der Wechselkurs des Franken schnellte nach oben und damit auch die Preise für Schweizer Produkte im Ausland.

Von KVP zu „breakthrough innovation“

Wer mit einem Schlag einen Wettbewerbsnachteil in dieser Größenordnung verkraften muss, nimmt Produktivitätsengpässe sofort wahr. Solange der Absatz brummt, bleiben die Lücken unter der Decke, auch wenn vielleicht ein Wettbewerber an dieser oder jenen Stelle bessere Technik oder Prozesse im Einsatz hat – der Markt gibt es her. „Bei Ebbe sieht man, wer ohne Badehose unterwegs ist“ wird Warren Buffet zitiert. Eine „außerplanmäßige Ebbe“ verschafft überraschende Einblicke.

Die instinktive Reaktion, wenn der Absatz nachlässt, ist Sparen. Wo kann ich kurzfristig Kosten reduzieren, damit ich ohne Blessuren durch die Krise komme? Doch diese Reaktion hilft nicht, wenn es keine Krise ist, die den Absatz abwürgt. Der Wechselkurs des Franken wird auf Dauer teurer bleiben – „Brieftasche zu und durch“ hilft also nicht. Qualitätsmanager haben also gute Karten, jetzt Projekte für grundlegende Innovationen auf den Weg zu bringen. Langfristig bietet dieser Gegenwind also Chancen auf echte Marktvorteile.

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