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Wie kann man mit Prozessmodellierung Veränderung befeuern? In einem BPMN-Workshop bringt man Veränderungsbedarf so auf den Tisch, dass die Organisation lernt. Dazu muss man aber ein paar Unsitten des Prozessmanagement über Bord werfen.

Die erste Unsitte ist das Ziel, möglichst schnell einen syntaktisch korrekten und freigegebenen „Ist-Prozess“ zu bekommen. Es geht nicht ums Modell, sondern ums Modellieren. Der Weg ist das Ziel. Der zweite Kandidat für die Tonne ist der so genannte „Soll-Prozess“. Glauben Sie doch nicht, nur weil Sie einen Prozess modellieren und die Führungskräfte ihn freigeben, würde er auch so „gelebt“!

Mit Prozessmodellierung Veränderung unterstützen

Die wirkliche Aufgabe der Modellierung ist es, den organisatorischen Lernprozess zu unterstützen. Organisationen lernen, wenn sie (bisher) funktionierende Kommunikationsstrukturen und Prozesse durch andere ersetzen. Das tun sie (wie einzelne Menschen auch) nur aus Not – wenn sie nicht mehr kriegen, was sie wollen: wenn der Markt den Preis nicht mehr hergibt, wenn die Investoren mehr Rendite erwarten oder die Zentrale mal wieder eine neue Software vorgibt. Ohne Not ändert sich nichts.

Lernhilfe für Organisationen

Und das ist der Knackpunkt im Change-Management: Die Not greifbar machen. Erst wenn im Unternehmen darüber gesprochen wird, dass heutige Praxis und zukünftige Erwartung nicht zueinander passen, kann die Organisation lernen. Dazu reicht es nicht, dass sich am Kaffeeautomaten alle einig sind: Der Anpassungsbedarf muss in die offizielle Kommunikation der Organisation kommen. Und das geht hervorragend mit einem BPMN-Workshop.

Ein BPMN-Modell zeigt den Prozess und seine Umwelt. Er zeigt, welche Prozesse wie miteinander kommunizieren und was sie voneinander erwarten. Darum geht es. In einem Modellierungsworkshop kommen diese Abgrenzungen zur Sprache: Was (wer) gehört zum Prozess und was (wer) gehört zur Umwelt? Was erwartet wer von wem? Was muss passieren, damit das Richtige herauskommt?

BPMN und Change Management

In einer offenen Prozessmoderation bleibt Raum für die Unterschiedlichkeit und die Varianten im Prozess. Es wird deutlich, wo improvisiert wird und wo Dinge vereinheitlicht sind. Wir wollen das echte Leben sehen, nicht irgendeinen Papierstandard. Improvisation und Schleifen sind nichts Böses – wie viele Prozesse laufen nur dank der „kurzen Dienstwege“? Statt ständig auf Vereinheitlichung und Standards zu schielen, kommt es darauf an, die Leistung der Organisation zu würdigen. Sie hat immerhin bis hierher überlebt…

Der BPMN-Workshop liefert also viel mehr Informationen, als man vernünftigerweise in ein Prozesmodell packen kann. Viele Prozessmanager winken bei so viel Informationen ab und wollen ihre „Flughöhe“ einhalten. Das schafft aber kein Vertrauen. Wir brauchen einen Weg, mit viel Detailinformation zu einem knappen Prozessmodell zu kommen. Es macht daher Sinn, zunächst ein „logisches Prozessmodell“ aufzuzeichnen worin nur die theoretisch notwendigen Schritte und Meilensteine vom Start zum Ende aufgeführt werden. Dieses Modell ist ein hervorragender „Träger“ für allerhand analoge Information.

Beziehungskiste zwischen Prozess und Umwelt

Diese Form der Prozessmodellierung ist ein kreativer Gruppenprozess. Am besten ist ein breiter Tisch mit einer abwischbaren Folie und BPMN-Elemente zum Legen und Verschieben. Sequenzlinien und Nachrichten können jederzeit ausradiert und neu gezogen werden, die vielen analogen Informationen werden einfach auf den Tisch geschrieben. Möglichst wenig Hemmschwelle für die Kommunikation im Prozess!

Die BPMN unterstützt diese Moderation besonders gut. Sie macht die Austauschbeziehung zwischen Prozess und Umwelt sichtbar. Die Modellierung mit verschiedenen Pools zeigt, welche verschiedenen Prozesse wie miteinander kommunizieren – die Nachrichten tragen die gegenseitigen Erwartungen. So schafft die BPMN einen formalen Rahmen, um eine große Menge analoger Informationen strukturiert zu verarbeiten.

So wird Prozessmodellierung zu einem wirksamen Katalysator für Veränderungen im Unternehmen.

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