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Wenn das Team seine inneren Ressourcen aktiviert, kann es auch Organisationsprobleme und Konflikte an der Oberfläche professionell ausräumen. Systemische Teamentwicklung setzt genau hier an.

Im Team „Luft nach oben“

Was erwarten Unternehmen von einer Teamentwicklung? Im Gespräch zur Auftragsklärung bleiben die konkreten Erwartungen an die Verbesserung im Team häufig vage. Eine Führungsperson meldet zurück, sie würde sich manchmal „mehr Verantwortung“ bei einzelnen Mitarbeitern wünschen. Sie spricht vom „Mitdenken“, das ihr manchmal fehlt. Vom Klima unter den Kolleg:innen, und dass manchmal der Ton etwas ungemütlich wird. Dann schildert sie vielleicht ein Beispiel, wo eine kleine Nachlässigkeit im Team dazu geführt hat, dass beim Kunden statt einer außerordentlichen Leistung eben nur eine ordentliche angekommen ist.

Alles in allem könnte man sich eigentlich nicht beklagen – aber sie sehe durchaus „Luft nach oben“. Nun könnte sie mit dem Team über die konkreten Lässlichkeiten sprechen und wer wann mit wem nicht ganz so kollegial umgeht. Aber das würde wahrscheinlich in Schuldzuweisungen enden und am Ende doch nichts bewegen. Sie möchte, dass das Team gut zusammenarbeitet. Dass sich alle an vereinbarte Regeln und Prozesse halten – und nicht, dass sie sich gegenseitig die Regeln und Prozesse vorhalten. Nur weiß sie nicht, wie sie die verborgenen Kräfte im Team mobilisieren soll.

Teamressourcen mobilisieren

Im Gespräch klären wir, dass das Team seine Ressourcen selbst mobilisieren muss, denn solange der Impuls immer nur von der Führung kommt, bleiben die Teammitglieder passiv und abwartend. Die Führungsperson würde sich verausgaben. Eine der wirkmächtigsten Ressourcen in jedem Team ist das Üben von offenem und professionellem Feedback. Dabei braucht das Team Anleitung von außen: Das bedeutet systemische Teamentwicklung.

Wir vereinbaren daher einen Teamworkshop, bei dem die Mitglieder ausdrücklich nicht in der gewohnten Manier über die Arbeitsthemen sprechen. Stattdessen stellen sie mit Figuren ein Bild darüber auf, wie sie ihr Team erleben und wie sie sich selbst darin fühlen. Danach fällt es den Teammitgliedern leichter, ihre Erwartungen an eine Entwicklung im Team auszudrücken. Mit haptischen Mitteln können wir nämlich unsere inneren Erwartungen leichter ausdrücken als mit Worten.

Angeleitetes Feedback mit Persönlichkeitsbeschreibungen

Am Ende des Workshops vereinbaren die Teammitglieder, sich gegenseitig Feedback darüber zu geben, wie sie einander in der Zusammenarbeit wahrnehmen. Mit einem 10-minütigen Fragebogen beschreiben sie zunächst, wie sie sich selbst sehen in Bezug auf die beruflichen Persönlichkeitsmerkmale Engagement, Disziplin, Sozialkompetenz, Kooperation, Dominanz und Stabilität. Diese Merkmale wurden in wissenschaftlichen Untersuchungen als zentrale Treiber für das berufliche Verhalten identifiziert. Anschließend beantwortet jeder die gleichen Fragen für drei andere Mitglieder des Teams, sodass am Ende jeder zu seiner Selbstbeschreibung noch drei Rückmeldungen aus dem Team erhält.

Ressourcen wahrnehmen, Bedürfnisse äußern

In einem zweiten Workshop haben alle Teammitglieder Gelegenheit, ihr Feedback mit den Kolleg:innen zu teilen. Sie können ihre Wünsche schildern, wie sie sich anders oder stärker in das Team einbringen wollen oder wo sie vielleicht nach Entlastung suchen. Die anderen hören zu und notieren sich, wie sie selbst diese Kolleg:in dabei unterstützen wollen.

In einer abschließenden Sitzung tauschen sich jeweils zwei Kolleg:innen darüber aus, was sie sich konkret für die nächsten zwei Wochen als eigenen Beitrag zur Verbesserung des Teamzusammenhalts vornehmen. Ein solcher Austausch zwischen den Kolleg:innen verstärkt erfahrungsgemäß die Verbindlichkeit und ist daher sehr wichtig. Man verbindet den Beitrag schließlich mit seinem guten Ruf. Welchen der Beiträge aus den eigenen Notizen die Teilnehmer dabei herausgreifen ist zweitrangig. Aber wenn jede(r) einen konkreten Beitrag zur Stärkung des Teams einbringt, dann wächst der Zusammenhalt im Team.

Ein paar Wochen später kommt das Team wieder zusammen und schaut auf die bereits erzielten Fortschritte. Die größte Motivation für weitere Anstrengungen für ein Ziel liegt nämlich im bereits erreichten Fortschritt. So baut das Team Schritt für Schritt seine eigenen Ressourcen aus und arbeitet an seiner inneren Struktur. Die anfangs beobachteten Unstimmigkeiten können nun recht einfach in sachlicher Form gelöst werden und müssen nicht mehr als Ersatzkonflikte für Spannungen hinter den Kulissen herhalten.

Teampower statt Leadership

Statt ihr Team in diffusen Nickeligkeiten zu verlieren, erlebt die Führungsperson nun die wahre Leistungsfähigkeit ihres Teams. Dazu muss sie sich nicht explizit als leader in Szene setzen, sondern vertraut klug auf die positive Dynamik in ihrem Team.

 

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