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NO BLAME: Unser neues Führungskräfteseminar zur konstruktiven Fehlerkultur hilft, Fehler zu vermeiden. (Vielen Dank an Claudia Hartung, dieser Beitrag ist ein Gemeinschaftswerk.)

Prominente Beispiele für folgenreiche Fehler sind schnell zur Hand: Da gibt ein Bankvorstand ein Interview über die finanzielle Lage eines Kunden und beschert seinem Arbeitgeber einen jahrelangen zermürbenden Rechtsstreit, einen nicht abzusehenden Vertrauensverlust und eine saftige Schadensersatzforderung. Da reicht ein Minister eine Information über laufende Ermittlungen an einen Parteichef und verliert im Wirbel um einen öffentlichen Skandal sein Amt. Der Großflughafen verschiebt seine Eröffnung mit steter Regelmäßigkeit nach neuen Pannen auf den nächsten nicht haltbaren Termin. Bahnkunden warten seit Jahren auf neue Züge, für die der Lieferant keine Zulassung bekommt.

Für Fehler schämt man sich

Der gemeinsame Nenner unzähliger Fehler: die beteiligten Personen versuchen viel zu  lange die Panne zu vertuschen. Wenn sich ein Fauxpas nicht mehr unter der Decke halten lässt, geht es in erster Linie um Schuld: Ich bin’s nicht gewesen, ich bin mir keiner Schuld bewusst. Die Folgen von Fehlern ließen sich enorm verringern, wenn man rechtzeitig reagierte. Doch diese Chance wird vertan, wenn man sie solange es geht vertuscht. Was ist die Ursache für diese fatale Entwicklung?

Der Grund liegt in einer negativen Fehlerkultur: Fehler werden Personen zugeschrieben. Für Fehler schämt man sich. Sie gelten als Makel, sind sozial geächtet. Die Illusion, wir könnten fehlerfrei sein, schürt Stress und Angst, und die führen wieder zu neuen Fehlern.

Falsch verstandenes Qualitätsmanagement ist eine weitere Ursache: dokumentierte Prozesse werden als Keule verwendet, um mit der Verletzung von Vorschriften Schuld zuzuweisen. Prozessmanagement ohne Fehlerkultur wird schnell zum Boomerang.

Ein konstruktiver Umgang mit Fehlern kommt nicht von allein – Fehlerkultur muss man lernen. Unsere anerzogene Haltung zum Fehler führt dazu, dass uns zunächst die Konsequenzen für uns selbst durch den Kopf schießen: Strafe, Schadensersatz, Karrierebruch. Der Gedanke an die Konsequenzen für das Unternehmen, die Umwelt, die Kunden muss trainiert werden.

NO BLAME Kultur aufbauen

Was können Unternehmen tun, um eine NO BLAME Kultur aufzubauen?

  • Etablieren Sie einen festen Prozess für die Meldung jeglicher Fehler.
    Wer einen Bock schießt, ist zunächst selber blockiert, um die richtige und notwendige Kommunikation in die Wege zu leiten. Ein fester Meldekanal für Fehler hilft dabei.
  • Der Fehlerverantwortliche ist niemals der Verursacher selbst.
    Definieren Sie eine Rolle, die im Falle des Falles das Heft in die Hand nimmt. Ihre Aufgabe ist es, zusammen mit den Beteiligten herauszuarbeiten, welche Folgen der Fehler für wen haben kann. Welche Konsequenzen im Unternehmen, für die Kunden, für die Umwelt, für die Öffentlichkeit? Die Fehler-Taskforce hat nur die Aufgabe, alle Maßnahmen zu ergreifen, die Folgen des Fehlers möglichst gering zu halten.
  • Kommunizieren Sie frühzeitig zu allen Betroffenen.
    Warten Sie nicht, bis die Folgen des Fehlers auf Sie zurückfallen. Wer proaktiv kommuniziert, kann auf Verständnis oder auch Hilfsbereitschaft hoffen – wer „überführt“ wird, erntet nurmehr Hohn.
  • Erst jetzt geht es an die Ursachenforschung.
    Suchen Sie im Team zusammen mit dem Verursacher nach den Faktoren, die zum Fehler geführt haben. Diese Ursachen können in der Person liegen (schlechter Tag, angeschlagen, ungeübt), im Prozess (nicht alle Eventualitäten wurden bedacht, Abläufe wurden nicht eingehalten) oder in der Organisation (Ressourcen nicht ausreichend, Werkzeuge nicht am Platz, Arbeitszeiten nicht gut Organisiert, Kommunikation nicht geregelt). Ursachenforschung ist keine Suche nach Schuld. Definieren Sie Maßnahmen, um ähnliche Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Sorgen Sie dafür, dass diese Maßnahmen in Ihren Prozessen verankert werden.
  • Schließlich braucht der Verursacher die Aufmerksamkeit seiner Führungsperson:
    Helfen Sie, die persönlichen Ursachen ohne Vorwurf zu benennen und suchen Sie gemeinsam nach Wegen, sie zu vermeiden. Legen Sie Maßnahmen, Training und Rückmeldungen fest, damit Ihr Mitarbeiter aus einem Fehler lernen kann. Manche Fehler erfordern eine persönliche Sanktionierung – bis hin zur Abmahnung. Das richtige Führungsverhalten auf dem schmalen Grat zwischen Bestrafung und Förderung ist keinem in die Wiege gelegt.

Die Voraussetzung für die Entwicklung einer NO BLAME Kultur ist ein Klima des Vertrauens in der Organisation. Wer einmal gespürt hat, wie er für eine Panne „an die Wand genagelt“ wurde, kann kaum noch Vertrauen in eine kooperative Fehlerkultur entwickeln. Der sichere Weg zu der Vertrauensbasis ist das Vorbild der Führungskräfte im Umgang mit ihren eigenen Fehlern.

In vielen Unternehmen fehlt eine NO BLAME Kultur. Gerade in Prozessmanagement-Projekten wird das sehr schnell deutlich, wenn Abteilungen versuchen, festgelegte Prozesse als Waffe gegen andere Abteilungen zu missbrauchen.

NO BLAME! Unser Seminar

Zusammen mit Claudia Hartung habe ich daher ein Seminar für Führungskräfte entwickelt. „NO BLAME: Wie Sie mit einer konstruktiven Fehlerkultur Fehler vermeiden“. Unser NO BLAME Seminar können Organisationen und Unternehmen buchen, die mit ihren Führungskräften das Wissen erlernen und das kooperative Verhalten trainieren wollen.

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