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Sie möchten Ihr Unternehmen in andere Hände geben, aber Sie haben weder eine Nachfolger:in in der Familie noch geeignete Personen im Unternehmen, die für eine Nachfolge bereit stehen? Dann kann der Unternehmensverkauf an Fremde eine Möglichkeit sein. Doch wer steht dabei zur Wahl? Nicht jede Option führt zum gleichen Ergebnis.

Vier Gruppen möglicher Käufer

Wenn Sie das Unternehmen an Dritte verkaufen, sind vier Gruppen von möglichen Käufer:innen zu unterscheiden: Existenzgründer:innen, (regionale) Wettbewerber, Unternehmen anderer Branchen, überregionale Investoren.

Die erste Gruppe sind Existenzgründer:innen, die ein Unternehmen nicht selbst aufbauen, sondern lieber ein bereits gut eingeführtes Unternehmen übernehmen wollen. Sie umgehen damit die Unsicherheit und die Durststrecke, bis das Unternehmen Ertrag abwirft. Dafür müssen sie sich in der Regel verschulden, um den Kaufpreis für das Unternehmen stemmen zu können. Die Kreditaufnahme für einen Unternehmenskauf zur Existenzgründung wird mit Darlehen von der KfW unterstützt.

Neben den Existenzgründern kommen andere Unternehmen der Region in Frage, für die Ihr Unternehmen eine gute Ergänzung zum eigenen Portfolio bildet. Sehr häufig sind es Wettbewerber, die über den Unternehmenskauf an wichtige Ressourcen – Kundenstamm und Mitarbeiterstamm kommen wollen. Unter Umständen ist gar nicht daran gedacht, das Unternehmen in der bisherigen Form fortzuführen.

Regionale Wettbewerber

Aber die Übernahme durch einen Wettbewerber kann auch eine strategische Bedeutung haben. Ein regional gut eingeführter Name könnte einen Wert darstellen, für den ein Wettbewerber einen Preis zu zahlen bereit ist. In dieser Konstellation würden nach der Übergabe zwei konkurrierende Unternehmen unter einem wirtschaftlichen Dach arbeiten. Die Käufer:in könnte Unternehmensfunktionen zentralisieren, die für den Markenauftritt der beiden konkurrierenden Unternehmen nicht relevant sind – zum Beispiel Buchhaltung oder Einkauf – mit beiden Wettbewerbern zusammen aber ein deutlich größeres Stück vom regionalen Marktkuchen abschneiden.

Es kann auch sinnvoll sein, mit zwei Unternehmen in einem Gewerk unterschiedliche Zielgruppen genauer zu adressieren. Ein Sanitärbetrieb spezialisiert sich zum Beispiel auf Bau und Renovierung im Privatkundengeschäft und den Kundendienst, der andere stellt sich für das Marktsegment ausgeschriebener Projekte und Leistungsverzeichnisse auf. Diese Zielgruppen sind mit unterschiedlichen Markenauftritten besser zu erreichen als mit einer Marke, die für beides stehen soll.

Drittens könnten auch Unternehmen benachbarter Gewerke Interesse zeigen, den eigenen Marktausschnitt durch einen Zukauf zu vergrößern oder die Tätigkeit in der Wertschöpfungskette nach vorn oder hinten auszuweiten. Wenn Ihr Unternehmen dabei wichtige Puzzleteile in Kompetenz, Ausstattung oder Produkterfahrung bietet, könnte der Zukauf besonders wertvoll sein.

Strategische Investoren

Die vierte Gruppe sind Investoren, für die das Unternehmen primär aus der Sicht der Beteiligungsrendite interessant ist. Die meisten überregionalen Investoren spezialisieren sich auf Marktsegmente, wo sie genügend Sachverstand aufbringen, um die Beteiligung kontrollieren zu können.

Unternehmen, die nicht aus der regionalen Nachbarschaft kommen, brauchen für die Führung des Unternehmens in der Regel eine angestellte Geschäftsführung. Das könnte eine Hürde darstellen, weil das Führungspersonal zu den Anforderungen des Beteiligungscontrollings passen muss. Diese Anforderungen sind häufig ganz andere als die Erwartungen der bisherigen Eigentümer. Ein Unternehmen unter Kontrolle des Beteiligungscontrolling verhält sich in vielen Bereichen anders.

Weiterarbeiten nach der Übergabe?

Was bedeuten diese Optionen für Sie, wenn Sie Ihr Unternehmen verkaufen wollen? Die tätige Mithilfe der bisherigen Unternehmer:in nach der Übergabe macht besonders dann Sinn, wenn es um die Übergabe von Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern geht. Möglich ist auch, dass Sie als Unternehmer:in einer Existenzgründer:in als Mentor:in zur Verfügung stehen. Wenn die „Chemie“ zwischen den Generationen passt, kann das sehr befruchtend sein.

In allen anderen Fällen zeigt sich, dass ein klarer Schnitt für alle Beteiligten eine bessere Lösung ist. Unternehmer:innen sind Typen, denen es um Gestaltung und Zukunft geht – das funktioniert in der Regel weniger bei fremder Kontrolle. Wenn Sie also an eine Übergabe an fremde Unternehmen denken, dann sollten Sie sich auf einen baldigen Schnitt vorbereiten.

Auswirkung auf den Kaufpreis

Was haben die Optionen für den Kaufpreis zu bedeuten? Dabei gilt eine klare Regel: Je höher der spezifische Wert Ihres Unternehmens für einen möglichen Käufer ist, desto mehr wird dieses bereit sein, dafür auf den Tisch zu legen. Die Übernahme von Kunden und Mitarbeitern eines Wettbewerbers oder eine einfache Arrondierung von Marktanteilen ist dabei wenig spezifisch. Der Verkauf an regionale Wettbewerber dürfte daher einen geringeren Verkaufspreis bringen als eine strategische Übernahme. Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Unternehmen zum fehlenden Puzzleteil eines Investors zu machen, steigt der Verkaufspreis.

Aus welcher Perspektive eine Käufer:in dieses Puzzleteil für sich entdeckt – das ist schwierig vorherzusagen. Durchaus möglich, dass der Deal Ihnen selbst auf den ersten Blick gar nicht so attraktiv vorkommt. Das ist die Chance für Ihr gegenüber, den Zähler wieder herunterzudrehen.

Bevor Sie also das Unternehmen am regionalen Markt platzieren – lassen Sie sich lieber von Investoren finden, die nach dem Puzzleteil für ihre Strategie suchen.

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