„Vertrauen ist der Anfang von Allem.“ Der abgelegte Slogan der Deutschen Bank ruft allenfalls noch zynische Bemerkungen über die verbrauchte Glaubwürdigkeit der Finanzbranche hervor. Dabei trifft er den Nagel auf den Kopf – allerdings im Umkehrschluss: ohne Vertrauen kein Anfang. Ich möchte Ihnen in meinem Blog heute ein Buch vorstellen, das mich sehr angesprochen hat.
Der Bankvorstand Ernst Kronawitter zeigt in seinem Buch „Führen ohne Druck“ seinen Branchenkollegen, dass ein anderer Weg möglich ist. Bankberater orientieren sich am Bedarf und den Erwartungen von Kunden – frei von Produktvorgaben und Vertriebszielen. Und Kronawitter zeigt, dass diese Strategie sich auch für die Shareholder auszahlt – mit langfristig stabilen Gewinnen.
ehrliches Interesse am Kunden ist kein „Verkäufertrick“
Das Buch „Führen ohne Druck – Erfolgreiches Bankgeschäft ohne Zielvorgaben und vertriebsabhängige Vergütungen“, Springer/Gabler 2013, 32,99 € von Ernst Kronawitter ist ein Plädoyer für eine kunden- und mitarbeiterorientierte Führungskultur nicht nur im Bankgeschäft. Kronawitter schildert hier seine Erfahrung als Vorstand einer lokalen Raiffeisenbank im Schwäbischen. Im Jahr 2002 hat die Bank entschieden, die festen Produktvorgaben und Vertriebsziele für ihre Vertriebsmitarbeiter aufzugeben und den Mitarbeitern ein höheres Fixgehalt zu zahlen.
Was ist danach passiert? Die guten Vertriebsmitarbeiter haben die Chance genutzt, für ihre Kunden die Produkte herauszusuchen, die zu ihrem Bedarf und ihren Erwartungen passen. Kundenerwartungen, Haltungen und Motive wurden nicht mehr als Instrumente im Verkaufsgespräch genutzt (die bekannten „Verkäufertricks“) sondern als ehrliche Richtschnur für eine Beratung.
Die Kunden honorieren diese Ausrichtung: Sie fühlen sich gut aufgehoben, schließen mehr Sparverträge ab, kaufen mehr Fonds oder Aktien, bringen mehr Finanzierungsaufträge in die Bank. Für die mutige Bank hat sich der Schritt klar gelohnt – die Gewinne haben sich in den letzten zehn Jahren hervorragend entwickelt. Kundennutzen als klarer Weg zu mehr Gewinn – solche Stories gehen einem Berater doch richtig zu Herzen.
Klare, direkte Sprache, kein Beratersprech
In seinem Buch schildert Kronawitter, welche Veränderungen in dem Unternehmen notwendig waren, um diese Strategie zu fahren. Die meisten Veränderungen geschahen in der Führungskultur: Kompetenzen übertragen, Kontrolle sinnvoll und nachvollziehbar gestalten, Hierarchien abbauen, auf Arbeitszeitwünsche von Mitarbeitern eingehen, faire Kritikgespräche führen. Die Schilderung ist frei von jeglichem Beraterdeutsch – deswegen auch für Berater nur bedingt zu empfehlen. Kronawitter erzählt einfach und glaubwürdig, was er und seine Kollegen in der kleinen Raiffeisenbank tun und warum sie es tun. Zu jedem Kapitel gibt es eine oder mehrere Rückmeldungen von Mitarbeitern der Bank, wo sie schildern, wie es ihnen mit diesen Veränderungen gegangen ist.
Als Organisationsberater vermisse ich in dem Buch die Methode, wie denn Ziele vereinbart werden, wenn fixe Produkt- und Vertriebszahlen nicht mehr dafür herhalten sollen. Denn Kronawitter nimmt für sich in Anspruch, die Bank „ohne Ziel, aber nicht ziellos“ zu führen. Hier hätte ich mir noch mehr „Fleisch am Knochen“ gewünscht. Aber wie gesagt – das ist der Wunsch eines Beraters – und wir sind hier nicht die primäre Zielgruppe. Das Buch gehört meiner Meinung nach auf den Tisch eines jeden Führungsverantwortlichen in der Finanzbranche, denn es zeigt klar und einfach, wie die Branche einen Weg aus ihrer Vertrauenskrise findet. Der mittelständische Unternehmer findet hier viel Bestätigung, aber auch Ansporn, den Weg einer kunden- und mitarbeiterorientierten Führungskultur konsequent weiterzugehen.