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Aus Fehlern lernen – offenbar wollen alle eine positive Fehlerkultur. Aber wenn es konkret werden soll, wissen die wenigsten, wie man das anstellt.

Alle haben gelernt, dass man dabei nicht nach Schuldigen suchen soll. Also nennen wir das Ding „Ursachenanalyse“. Und wir betonen immer wieder, dass mit „Ursache“ nicht „Schuld“ gemeint ist. Aber trotzdem stehen die vermeintlich „Schuldigen“ wie Lord Woldemort im Raum und niemand darf sie beim Namen nennen. Im Workshop eiern dann alle um das Unwort herum und am Ende schafft man es, sich auf eine erweiterte Checkliste als Maßnahme zu einigen. War’s das?

Ursachenanalyse hilft nicht weiter

Positive Fehlerkultur geht anders. Als Prozessmanager habe ich auch lange mit den „klassischen“ Methoden der Ursachenforschung wie Ishikawa oder 5Why gearbeitet. Wirklich neue Erkenntnisse waren selten. Darum habe ich für mich das Format der systemischen Retrospektive entwickelt.

Dabei verabschieden wir uns von der klassischen Fehleranalyse. Diese Methode ging nämlich davon aus, dass hinter jedem negativen Ergebnis zwangsläufig ein Fehler als Ursache stecken muss. Passiert kein Fehler, haben wir notwendigerweise Erfolg. „Richtig“ ist in der Fehleranalyse also der Normalzustand, den wir schützen oder wiederherstellen wollen. Und das ist ein Denkfehler. Wenn wir die Ursache für einen Fehler suchen, dann nehmen wir an, dass wir in unserer Zusammenarbeit klar analysierbare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge finden – wie in der Mechanik. Organisationen sind aber keine Maschinen. Die Funktionsweise einer Maschine kann man verstehen (wenn man das gelernt hat). Die Wirkweise eines sozialen Systems kann man nur erahnen.

Und so kommen Fehleranalysen immer wieder zum Ergebnis, dass es eine „Lücke“ im System gegeben haben muss: Eine Lücke im Regelwerk, in der Technik, im Prozess, in den Anweisungen, in der Checkliste, im Training. Und die Maßnahme liegt dann auf der Hand: Schließe die Lücke. Am Ende gibt es noch mehr Checklisten und Prozessbeschreibungen, die keiner beachtet.

So entwickeln Sie eine positive Fehlerkultur

In der systemischen Retrospektive schauen wir nicht auf den Fehler, sondern auf die Entscheidungsprozesse. Passiert etwas Unerwartetes, bietet sich die die seltene Gelegenheit, die verborgene Funktionsweise unserer Zusammenarbeit freizulegen. Im eingeschwungenen „Regelbetrieb“ wäre das viel schwieriger. Das unerwartete Ereignis ist ein „Fenster zum System“. Dabei ist es übrigens vollkommen egal, ob wir auf einen unerwarteten Erfolg oder auf einen „Fehler“ schauen.

Wir wollen verstehen, welche Handlungsentscheidung dem Ergebnis (Erfolg oder „Fehler“) vorausging. Jede Entscheidung macht in der jeweiligen Situation Sinn. Sonst hätte man ja anders entschieden. Wir fragen also, wie die Personen in der gegebenen Situation diesen „Sinn“ gesehen haben. Warum hat es „Sinn gemacht“ so und nicht anders zu handeln?

Mit der Systemischen Retrospektive lernen

Daraus lernen wir, wie das System Sinn produziert. Das Team nimmt Dinge wahr (und andere nicht), man erklärt Beobachtungen so oder so, und man bewertet, um zu entscheiden. Ohne ein herausragendes Ereignis und dieses bewusste Draufschauen würden wir diese Abfolge gar nicht bemerken, sie würde im Alltag aufgehen. Wenn wir aber darauf achten, erkennen wir Muster, und dann können wir die Entscheidungsprozesse verändern. Lernen ist eine Frage der kollektiven Achtsamkeit.

Wenn Sie diese systemische Retrospektive nutzen wollen, um im Unternehmen eine positive Fehlerkultur zu etablieren, dann nehmen Sie Kontakt zu mir auf. Ich unterstütze Sie gerne dabei, das Moderationsformat und die Fragetechniken in Ihrem Team zu etablieren.

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