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Wir alle wissen: Wenn die Arbeit „uns nichts mehr zurückgibt“, dann ermattet die Motivation und wir reiben uns auf. Resonante Arbeitsbeziehungen sind Voraussetzung für innere Motivation. Was kann Prozessmanagement leisten, um Resonanz in der Arbeit zu fördern?

Führung im Dilemma

Im Unternehmen führen heißt, ein Dilemma zu balancieren. Einerseits wollen (oder müssen) wir Prozesse optimieren, für zuverlässige, kontrollierte oder automatisierte Abläufe sorgen, wo wir uns nicht von einzelnen Personen abhängig machen.

Andererseits sind wir auf das Engagement der Menschen angewiesen: auf Mitdenken, auf Innovation, auf Empathie, auf „Lächeln am Telefon“. Und Menschen brauchen, um sich auf diese Weise einsetzen zu können, das Gefühl von Zugehörigkeit, Selbstwirksamkeit und Sicherheit. Wir sprechen von Resonanz in der Arbeit.

Wenn Prozessmanagement bedeutet, dass wir Prozesse genauer kontrollieren („endlich belastbare Kennzahlen…“) und mit detaillierten Vorgaben steuern, dann schnüren wir die Lebensader des Engagements und der Identifikation ab. Verzichten wir dagegen auf Beobachtung und Feedback, dann erodieren Qualität und Kostenbewusstsein schneller als erwartet.

Resonanz in der Arbeit

Prozessmanagement heißt für mich die Suche nach einem arbeitsfähigen Gleichgewicht zwischen Prozesskontrolle und Selbstwirksamkeit. Für diese Balance gibt es kein „Best Practice“, sie ist nicht in jedem Unternehmen gleich. Das richtige Maß schwankt auch innerhalb eines Teams über die Zeit. Prozessmanagement ist also Führung mit Augenmaß.

Damit wir uns bei diesem „einerseits-andererseits“ nicht in nebelulösen Unverbindlichkeiten verlieren, hilft die Soziologie mit dem Konzept der Resonanz. Hartmut Rosa hat den Begriff Resonanz in der Sozialwissenschaft etabliert und dazu beigetragen, dass wir Beziehungsqualitäten etwas greifbarer machen. (Hartmut Rosa, Resonanz: eine Soziologie der Weltbeziehung, Suhrkamp 2019)

Was bedeutet „Resonanz“?

Sehr kurz zusammengefasst bedeutet Resonanz, dass Menschen für ein gelingendes Leben eine lebendige Beziehung zu ihrer Umwelt brauchen. Diese lebendige Beziehung nennt Rosa den „vibrierenden Draht“. Die Beziehung lebt, wenn etwas in unserer Umwelt uns anrührt, wir uns davon berühren lassen. Aber auch, wenn wir mit unserem Tun die Umwelt bewegen – und das Gefühl gewinnen, dass sie uns „antwortet“. Menschen oder Dinge, zu denen wir eine solche Beziehung aufbauen, gewinnen für uns eine andere Qualität.

Da ist zum ersten die lebendige Beziehung zu sich selbst, zum eigenen Körper und Seele. Sie ist Voraussetzung, um Beziehungen zur Außenwelt mit Leben zu füllen. Da ist zum zweiten die Beziehung zu anderen Menschen – im privaten, im beruflichen oder im politischen Umfeld. Rose spricht hier von „horizontalen“ Resonanzbeziehungen. Es gibt aber auch „vertikale“ Resonanz, wenn wir einen solchen „vibrierenden Draht“ zu einem Kunstwerk, einer spirituellen Übung oder zu einer ethischen Größe finden.

In der Arbeitswelt finden wir auch die dritte Dimension der Resonanz, die Rose die „diagonale Resonanz“ nennt, wenn das Werkzeug, das Werkstück, der Stoff oder die Arbeit als solche „uns etwas zurückgeben“. Fehlt diese lebendige Beziehung zwischen uns und unserer Arbeit oder wird „stumm“, drohen Bore-out oder Burn-out.

Aber Resonanz in der Arbeit ist unverfügbar. Wir können sie nicht kontrollieren, herbeiführen oder kaufen. Wir können allenfalls Voraussetzungen dafür schaffen und uns bereitmachen, den „vibrierenden Draht“ zu spüren. Diese Unverfügbarkeit von Resonanz steht im Gegensatz zum Anspruch des Managements, die Umwelt zu kontrollieren und zu steuern.

Welchen Beitrag leistet Prozessmanagement?

Was können wir mit unseren Werkzeugen des Prozessmanagement beitragen, um die Voraussetzungen für resonante Arbeitsbeziehungen zu verbessern? Ich sehe vor allem drei Aspekte: Prozessmanagement macht den Beitrag jedes Einzelnen zum Ganzen sichtbar, Prozessmanagement macht ein Team erfahrbar, das über die organisatorischen Grenzen hinaus zusammenarbeitet und der Blick auf Prozesse kann helfen, das Zusammenarbeit „im Fluss“ bleibt.

Der Blick fürs Ganze

Nichts motiviert Menschen mehr als ein Sinn in ihrer Arbeit. Wenn das, was ich tue, für etwas gut ist, tue ich es gerne. Wenn Menschen in Silos der Organisation stapelweise Vorgänge abarbeiten, dann ist es schwierig, sich mit dieser Arbeit zu identifizieren. Wenn ich dagegen den Zusammenhang meiner Arbeit verstehe und sehe, welchen Beitrag meine Tätigkeit zu einem Gesamtergebnis leistet, dann gibt es mehr Chancen für Engagement und Identifikation, für intrinsische Motivation. Im Prozessmanagement machen wir über die Grenzen der Silos hinaus sichtbar, wer die Kunden unserer Arbeit sind und wie wir mit unserer Arbeit zum Kundenerleben beitragen.

Das Team hinter dem Prozess

In Prozessmoderationen beobachte ich immer wieder, dass sich die Vertreter aus den verschiedenen Teams, die am Prozess beteiligt sind, untereinander kaum kennen. Sie haben bisher getrennt voneinander in ihren jeweiligen Silos gearbeitet und wenig Bezug zum gemeinsamen Arbeitsergebnis gehabt. Ebenso hatten sie auch keinen Blick dafür, dass sie in einem übergreifenden Team gemeinsam Verantwortung für eine gute Leistung tragen. Im Prozessmanagement stärken wir diese Querverbindungen und unterstützen die Menschen, Verantwortung über die Grenzen ihrer Abteilung hinaus übernehmen.

Arbeiten im Fluss

Motivation stockt, wenn Arbeit „nicht läuft“. Wenn Abläufe immer wieder unterbrochen werden, wenn Dinge fehlen, die eigentlich hätten da sein müssen, wenn „die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut“. Mit dem Blick auf Prozesse helfen wir, dass  Übergaben gelingen, dass Informationen, Material und Werkzeuge da sind, wo sie gebraucht werden und allen die Arbeit gut von der Hand geht. Gelingende Arbeit schafft Zufriedenheit und eine lebendige Verbindung zu dem, was man tut.

Systemisches Prozessmanagemenent

Natürlich geht es im Prozessmanagement auch um Regeln, Rollen, Kennzahlen und Automatisierung. Aber wenn es uns gelingt, dabei die Resonanz in der Arbeit im Blick zu behalten, dann leisten wir damit einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt des Unternehmens. In meinen Trainings zum Prozessmanagement geht es mir darum, das Unternehmen diese Balance für sich und ihre Prozesse finden.

Diese Gedanken über Prozesse und Resonanz in der Arbeit entstammen meinem Buch „Systemisches Prozessmanagement“. Wenn Sie interessiert sind, wie diese Motivation in den Werkzeugkasten des Prozessmanagement passt, dann lade ich Sie ein, das Buch zu lesen. Hier finden Sie mein Buch bei meiner bevorzugten Buchhändlerin Sonja Segerer in Nürnberg:

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